Pluspolausgabe12_2022

3D-Druck? So funktioniert das! Beim 3D-Druck wird Material Schicht um Schicht aufgetragen. Diesen Aufbau steuert ein Computer. Aus flüssigen oder auch festen Werkstoffen entstehen nach vorgegebenen Designs die Werkstücke. Dabei finden Härtungs- oder Schmelzprozesse statt. Eigene Werkzeuge, etwa Gussformen für die Fertigung, sind nicht notwendig. Im Vergleich zu materialabtragenden Arbeitsverfahren wie Schleifen, Fräsen oder Drehen ist die additive Methode des 3D-Drucks sparsamer. Typische Werkstoffe für das 3D-Drucken sind Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und speziell aufbereitete Metalle. 3D-Drucker werden in der Industrie, im Modellbau und der Forschung eingesetzt. Daneben gibt es Anwendungen im Heim- und Unterhaltungsbereich, dem Baugewerbe sowie in der Kunst und Medizin. Bei kleinen Stückzahlen und Teilen mit komplizierten Formen kommt der 3D-Druck hauptsächlich zum Einsatz. KUNDENPORTRÄT KUNDENPORTRÄT 34 12 | 07.2022 12 | 07.2022 35 Das Unternehmerpaar: Ingrid und Carlos Prestien Kundenporträt: CIPRES GmbH Ahorn Das Unternehmen im Überblick 2004 von Carlos Prestien als Ein-Mann-Unternehmen gegründet, beschäftigt die CIPRES GmbH heute 19 Mitarbeiter und fertigt 3D-Bauteile für die Automobil- und Spielwarenindustrie, für den Maschinen- und Bootsbau sowie medizintechnische Bauteile an. 2010 kamen Brillengestelle vor allem für den süd- und nordeu- ropäischen Markt hinzu. Auch Optiker in Deutschland lassen in Ahorn individuell gestaltete Brillengestelle fertigen. Am Anfang steht der Wunderbaum. Das Wolfsmilchgewächs – auch unter dem Namen Christuspalme, Kreuz- oder Läusebaum bekannt – hat seine Heimat in Äthiopien und Indien. Am Ende einer langen Produktionskette sind innovative Brillenkreationen entstanden – gestaltet von internationalen Designern, produ- ziert aus recycelbaren Materialien und hergestellt von CIPRES in Ahorn. Der Wunderbaum wächst in einer Höhe von etwa 2.000 Meter über dem Meeresspiegel. Aus den Samen des Baumes wird Rizinusöl gepresst. Daraus entsteht Rilsan. Das weiße Kunststoffpulver ist der Rohstoff für die Brillengestelle. Zwischen dem Rizinusöl und den trendigen Brillen sind Ingrid und Carlos Prestien mit ihrer Firma CIPRES tätig: Im 3D-Druck-Verfahren entsteht die exklusive Eyewear. Im vergangenen Jahr gewann die portugiesische Avantgarde- Marke Vava den höchsten Preis der Silmo Pa- ris, der führenden Messe für Optik und Augen- mode. An diesem Erfolg hat CIPRES Anteil. „Rilsan ist kein neuer Werkstoff“, stellt Carlos Pres- tien fest, „aber er ist wiederentdeckt worden.“ Der 3D-Druck ermöglicht die perfekte, leicht anpassbare Brille herzustellen. Innerhalb von 24 Stunden werden mit über 500 hauchdünnen Schichten aus dem weißen Polyamid-Pulver über 100 einzigartige Fassungen ge- druckt. Durch 3D-Drucken kann die Entwicklungszeit bis zur Markteinführung drastisch gesenkt werden. Die Produktion rückt so deutlich näher an die Nachfrage der Kunden. Eine Chance für Optiker-Fachgeschäfte, die ihre eigene Brillenlinie kreieren können. „Mit einem Scanner können die individuellen Ge- sichtsformen erfasst und mit dem 3D-Druck die optimale Pass- form erreicht werden“, beschreibt Carlos Prestien die Zukunft. Der 3D-Druck erlebt seit etwa zehn Jahren einen regelrechten Boom. Kleidung und Accessoires werden nicht mehr als Ware um die Welt transportiert, sondern in Form von CAD-Daten nah beim Verbraucher produziert. In der Kunststoffverarbei- tung ist dies schon Wirklichkeit. Der 3D-Druck ist branchen- unabhängig und kann überall eingesetzt werden, ob in der Raum- fahrt oder in der Konditorei, bei der Herstellung von Brillengestellen oder beim Hausbau. Diese Fertigungsmethode gewährt gestalterische Freiheiten bei komplexen Baustrukturen und Oberflächen sowie ein enormes Einsparpotenzial bei kleinen und mittleren Stückzahlen. Mit dem Färbeverfahren „e-coloring“ von CIPRES erhalten die gedruck- ten Kunststoff-Produkte dauerhaft Farbe. Mit dieser umwelt- schonenden Technologie wird jedes Kunststoff-Laser-Sinter- teil in höchster Qualität und Farbe veredelt. Der Kunststoff Polyamid 11 aus Riziniusöl ist schon länger be- kannt. In den 1960er Jahren begann in den Vereinigten Staa- ten ein breit angelegtes Forschungsprogramm mit dem Ziel, Rohstoffe aus Importen möglichst durch einheimische Roh- stoffe zu ersetzen. Dabei wurde auch das sogenannte Castor- Oil (Rizinusöl) untersucht. Als Strauch kommt der Wunderbaum in den Südstaaten der USA vor. Obwohl Rizinusöl viele Fette und Proteine enthält, ist es wegen des giftigen Rizins in den Schalen der Samen für Speisezwecke oder als Futtermittel ungeeignet. Die Rückstände bei der Ölherstellung müssen erhitzt werden, um das Rizin zu neutralisieren. Rizinusöl wurde einst unter anderem zur Herstellung von Schmierstoffen, Seifen und Kosmetika verwendet. Heute ist es ein wichtiger, nachwachsender Rohstoff für die Kunst- stoffindustrie zur Herstellung von Polyamid 11. „Polyamid 11 oder PA 11 ist tatsächlich ein 100 Prozent nach- haltiger Rohstoff“, stellt Ingrid Prestien fest. „Es wächst nach und konkurriert nicht mit Lebensmitteln.“ Mit dem Anbau des Wunder- baumes haben die Menschen in den indischen Hochebenen eine Verdienstmöglichkeit. PA 11 ist auch für nachhaltig agierende Stadtwerke wie die SÜC interessant: Trinkwasserleitungen oder Rohre im Abwassersektor können damit beschichtet und so vor Korrosion geschützt werden.

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