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13 NATURKOST- RESTAURANT „TIE” KULINARISCHER HERBST Reh-Tournedos vom Rehrücken mit zerdrückten Kartoffeln und Sommer- trüffeln serviert Franz Rocklitzer im Naturkost-Restaurant „Tie”. L ebensmittel sind etwas anderes als Nahrungsmittel. Franz Rocklitzer hat die Kochmütze in der Art eines französischen Baretts in die Breite und zur Seite gezogen und schält Kartoffeln. „Lebensmittel fördern die Funktionen unseres Organismus, Nahrungsmittel machen lediglich satt ” , beschreibt der Inhaber und Küchenchef des Naturkost-Restaurants „Tie ” in der Coburger Leopoldstraße seine Philosophie. Es ist die Achtung vor natürlich produzierten­ Lebensmitteln, die Küche und Karte des „Tie ” bestimmen. Genuss jedoch steht an oberster Stelle der überwiegend vegetarischen Speisenauswahl und vor zwei Jahren konnte das Naturkost-Restaurant das Jubiläum seines 30-jährigen Bestehens feiern. Naturkost bedeutet nach den Worten Rocklitzers „nicht nur Bio-Produkte kaufen”. Auch Wild, Weidevieh und Seefische gehören dazu. „Besonders bei Kurzgebrate- nem merkt man durchaus Unterschiede.” Franz Rocklitzer sammelt für die Restaurantküche auch Wildkräuter. Obst und Gemüse baut er im eigenen Garten an. Ansons- ten kommen die Lebensmittel überwiegend aus der Region, Gastronom und Produzenten kennen sich. „Saisonalität gehört zur Naturkost.” Deshalb gibt es im Winter auch keine Biotomaten, Ende September gibt es kein Sommergemüse aus fränkischem Anbau mehr und wird deshalb schnell von der Speisekarte gestrichen. Das Angebot in der Leopoldstraße kann sich aus aktuellem Anlass sehr schnell ändern. „Ich koche mit dem, was verfügbar und von guter Qualität ist”, stellt Franz Rocklitzer fest. Rezepte sucht man in der Küche vergebens, exakte Mengenangaben gibt es nicht, ebenso wenig sind Mikrowelle, Konvektomat oder Garen in Plastiktüten zu fin- den. Seine Stammgäste wissen auch, dass „gut Ding Weile braucht” und traditionelles Kochen ein wenig länger dauert. „Kochen ist immer auch ein Experimentieren”, stellt Franz Rocklitzer fest. Für ihn begann auch die Gastronomie mit Ausprobieren. In der „Stadtschänke” in der Leopold­ straße 14 ist er seinerzeit oft. Schließlich wohnt Franz Rocklitzer auch in dieser Straße. „Bei den Wirtsleuten der „Schänke” Rosel und Thomas Schorr sammelt er erste Erfahrungen. „Magste Teestube machen und Brote schmieren?”, hieß es einst. Es folgen Wechsel in andere Gaststätten und Hotels. Nach einem Unfall fragt der behandelnde Arzt einer Naturheilpraxis, ob Rocklitzer nicht ein alternatives Café im Bürgerhaus übernehmen wolle. Am 1. Dezember 1984 eröffnet das „Tie” in der Mohrenstraße 3 in Coburg. Wie kam es zu dem Namen „Tie”? Franz will damals den von einer Packung „Tie Kuanyin Tea” kopierten Kalligrafen für Tee als Firma anmelden, jedoch wird ihm offenbart: „Symbolfirma is fei aber teurer”. Und so erhält das Café den Namen „Tie”, so wie sich das englische „Tea” ausspricht. Das fernöstliche Schriftzeichen hingegen wird „Cha” ausgesprochen, was im chinesischen Tee bedeutet. In den folgenden Jahren zieht das „Tie” innerhalb Coburgs um, bis 1999 Franz Rocklitzer mit dem Naturkost-Restaurant an seinen Ursprung zurückkehrt: Die Leopoldstraße 14. AUFGETISCHT Der Speckmantel lässt das Rehfleisch saftig bleiben. Unter dem Speck geben Gewürze den Tournedos eine feine Note. TOURNEDOS VOM REHRÜCKEN Kartoffeln Junge Kartoffeln schälen und weichdämpfen. Nach Geschmack salzen, Süßrahmbutter und/oder Oliven- öl sowie geraspelte Trüffel dazugeben. Das macht die zerdrückten, noch etwas körnigen Kartoffeln geschmeidig und das Fett überträgt das Aroma. Reh-Tournedos Den zimmerwarmen Rehrücken (somit gart es gleich- mäßiger) von Haut und Sehnen befreien, in zwei fingerbreite Scheiben schneiden und mit Speck- scheiben einwickeln (das Fleisch bleibt saftiger). Unter den Speck Gewürze geben (Oregano, Wachol- der, Rosmarin, Thymian oder Löwenzahn). Das Ganze mit Kochfäden fixieren, die offene Seite in Buch- weizenmehl wenden und jede Seite etwa 3 Minuten braten. Anschließend in der Röhre bei 70° C gar­ ziehen lassen. Rotweinsauce Eine kleine Zwiebel fein würfeln und in Öl anbraten. Eine gewürfelte Knoblauchzehe dazugeben und solange weiterbraten, bis hellbraune Spitzen ent- stehen. Mit Rotwein ablöschen und etwas schwarzen Pfeffer darübermahlen (den Pfeffer keinesfalls ins heiße Öl mahlen!). Das Ganze auf die Hälfte einkochen lassen. Anschließend etwas süße Sahne dazugeben und einkochen, bis die Sauce dicklich ist. Nach Geschmack salzen. Das Ganze auf einem Teller hübsch anrichten. Franz Rocklitzer: „Das Auge isst mit und es zeugt außerdem von der Liebe zur Arbeit.” AUFGETISCHT 12 AUSGABE 03 | 11.2016 REZEPT ZUM NACHKOCHEN

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