Pluspolausgabe10_2020
N eben der Straße von Rödental nach Neustadt bei Coburg leuchtet im August ein Feld intensiv gelb. Gegenüber des Fischbacher Teiches stehen dort fast mannshoch die Pflan- zen, die signalgelben Blüten wiegen sich im sanften Wind. Ein höl- zerner Aussichtsplatz gibt einen Hinweis auf die endgültige Höhe der Pflanzen. Ausführlich ist es auf den drei Informationstafeln zu lesen: Auf dem Feld beim Neustadter Stadtteil Haarbrücken baut Landwirt Holger Gundermann die Durchwachsene Silphie an. Die Pflanze aus der Familie der Korbblütler wird bis zu drei Meter hoch. Die Durchwachsene Silphie ist hierzulande nach und nach auf immer mehr Feldern zu sehen. Sie kann als Energie- pflanze anstelle von Mais genutzt werden, und das mit einigen Vorzügen gegenüber diesem. Der Anbau der mehrjährigen Pflanze kann die Nitratmenge im Trinkwas- ser verringern. Für die SÜC der Grund, dieses Pilotprojekt finanziell zu fördern. Zwischen dem Neustadter Stadtteil Haarbrücken und Rödental betreibt die SÜC sieben Trink- wasser-Tiefbrunnen. Die in Nordamerika beheimatete Pflanzenart ist eine aus- dauernde Pflanze, die aufgrund ihrer großen Biomasse- produktion als Energiepflanze genutzt wird. Mindestens zehn Jahre lang kann die Pflanze mit der gelben Blüte re- gelmäßig geerntet werden. Die Mehrjährigkeit der Silphie hat gegenüber dem Mais den Vorteil, dass durch die Be- schattung des Bodens durch die Blätter ab dem zweiten Anbaujahr keine Pfanzenschutzmittel mehr eingesetzt wer- den müssen. Un- oder Beikräuter wachsen dann nicht mehr, verspricht zumindest der Anbieter der Pflanzen. Zudem wird die Erosion des Bodens weitgehend vermieden. Auch aufgrund ihrer Anpassung an trockene Standorte ist die Durchwachsene Silphie interessant. Anders als etwa Mais holt die Silphie ihre Feuchtigkeit nicht nur aus dem Boden, sondern speichert Feuchtigkeit auch in ihren Blattbechern. Die am Stängel verwachsenen Blattpaare bilden kleine Be- cher, in denen sich Tau- und Regenwasser sammelt. Dieses Merkmal führte zu dem im englischen Sprachraum verbrei- teten Namen cup plant, deutsch „Becherpflanze“. Nitrat ist eine Form des Stickstoffes und ein wichtiger Nährstoff. Jede Pflanze braucht Nitrat, um Eiweiß zu bil- den. Zuviel Nitrat im Trinkwasser jedoch ist schädlich für den Menschen und muss im Bedarfsfall aufwändig entfernt werden. Die Fähigkeit Stickstoff aus dem Boden aufzuneh- men ist bei Pflanzen unterschiedlich. Dauerkulturen wie die Silphie sind hier optimal. Sie speichern Nitrat in ihren Wurzeln und schützen damit das Trinkwasser, „und zwar das ganze Jahr“, so SÜC-Wassermeister Jürgen Kalb. Die Pflanze wurzelt bis zu zwei Meter tief und bindet im Vergleich zum Mais deutlich mehr Stickstoff. Sie ist Hu- musbildnerin, fördert die Bodenbiologie und beugt Bo- denverdichtung und der Auswaschung von Stickstoff ins Grundwasser vor. „Der Grundwasserschutz liegt auch mir als Landwirt am Herzen“, beschreibt Holger Gundermann seine Motivation für das Projekt. Bei Kleingärtnern ist die Durchwachsene Silphie wegen ihres extensiven Anbaus und ihrer Langlebigkeit als Nutz- pflanze beliebt. Ebenso bei Imkern, da der Korbblütler für Bienen und andere Insekten interessant ist. Silphie blüht von Juni bis September und damit in einer Zeit, in der Ho- nigbienen nicht mehr allzu viel Nektar finden. Die jährli- chen Honigerträge können mehr als 150 Kilogramm je Hektar betragen. Für Kaninchen, Meerschweinchen, Scha- fe oder Ziegen eignet sie sich auch als Grünfutter. Das Silphie-Feld befindet sich im Trinkwasserschutzgebiet „Mönchröden“, aus dem rund 30 Prozent des Coburger Trinkwassers stammen. Auf etwa 200 Hektar pflegt die SÜC hier schon seit über 20 Jahren eine intensive Koope- ration mit den Landwirten. In entsprechenden Verträgen ist geregelt, dass die SÜC Prämien auszahlt, wenn auf den Flächen am Ende des Jahres wenig Stickstoff im Boden zu finden ist und wenn man bestimmte Fruchtarten, wie zum Beispiel die Silphie, anbaut. Diese Kooperationsflächen konnten übrigens aktuell um fast 100 Hektar im Einzugsbereich der Brunnen erweitert wer- den. Eine Investition in die Trinkwasserqualität der Zukunft. DIE DURCHWACHSENE SILPHIE SCHÜTZT GRUNDWASSER UND BODEN Landwirt Holger Gundermann (vorne rechts) und SÜC-Was- sermeister Jürgen Kalb sind gespannt, ob sich die Erwar- tungen an die Durchwachsene Silphie als Energiepflanze und Nitratspeicher bewahrheiten. Julia und Lisa Gunder- mann finden die gelben Blüten hübsch. Zwischen Rödental und Neustadt baut Landwirt Holger Gundermann die Energiepflanze „Durchwachsene Silphie“ an. Die mehrjährige Pflanze kann den Nitrateintrag ins Grundwas- ser verringern, weshalb die SÜC das Pilotprojekt unterstützt. 4 5 AUSGABE 09 | 11.2019 WENIGER NITRAT IM GRUNDWASSER WENIGER NITRAT IM GRUNDWASSER
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