(vom 07.06.2019) Powerfrauen starten durch
„Da machen wir keine Unterschiede. Es zählen allein Eignung und Qualifikation.“ Die technischen Berufe bei der SÜC und dem Coburger Entsorgungs- und Baubetrieb (CEB) sind zwar noch lange nicht paritätisch von Frauen und Männern besetzt, aber Carsten Haas, Leiter des Personalmanagements der SÜC, stellt klar, dass es keine geschlechtsspezifischen Vorbehalte oder Einschränkungen bei Einstellungen gibt.
In den vergangenen Jahren sind es immer mehr Frauen, die am Steuer eines Stadtbusses die Fahrgäste auf den Linien des Öffentlichen Personennahverkehrs in Coburg befördern. Der Bau und Betrieb des Stromleitungsnetzes, die Objektbetreuung im Hochbau sowie Ingenieurdienstleistungen beim Coburger Versorgungsunternehmen sind längst keine reine Männersache mehr. Ebenso beim Entsorgungs- und Baubetrieb: Kolleginnen planen Abwasserkanäle und überwachen auch den Bau. Für saubere Straßen und entleerte Abfallbehälter sorgen ebenfalls Mitarbeiterinnen, und Ausbilder Heino Häfner vermittelt jungen Frauen, wie Pflastersteine richtig und dauerhaft verlegt und welche Verkehrszeichen wann und wie aufgestellt werden.
Seit vier Jahren führt Sarah Fischer die Abteilung Elektrizität Bau/Betrieb bei der SÜC. Es gebe keine expliziten Männerberufe, stellt sie fest. Vielmehr entdeckten immer mehr Frauen die technischen Berufe für sich, weil einerseits überkommene Klischees mehr und mehr abgebaut würden, andererseits Körperkraft durch den vermehrten Einsatz von Maschinen und Geräten in den Hintergrund träte.
Das Studium der Elektrotechnik war für Sarah Fischer nicht vorgezeichnet. „Nach dem Abitur stand zunächst die Orientierung im Vordergrund.“ Mit der Hochschulreife auch im Fach Sport hatte sie zuerst die Gesundheitsbranche als berufliches Ziel im Visier, aber nach mehreren Verletzungen und Blessuren fiel die Entscheidung zugunsten einer klassischen Berufskarriere, bei der Fitness und Sportlichkeit nicht ganz so weit im Vordergrund stehen. Beim Studium der Elektrotechnik „waren wir nicht besonders viele Frauen“, erinnert sich Sarah Fischer. Fünf Kommilitoninnen waren es in jenem Semester. Drei davon wechselten den Studiengang, zwei machten den Abschluss. Unter den männlichen Studienkollegen habe es keine Vorbehalte gegeben. „Wohl aber einige Skepsis unter den Dozenten. Der eine oder andere hat zu einem alternativen Studiengang geraten“, weiß sie noch.
Dass Beruf und Familie vereinbar sind, dafür ist sie das beste Beispiel. Als sie die Abteilungsleitung und damit die Verantwortung für 60 Mitarbeiter übernahm, kam kurz darauf die Tochter zur Welt. Dank der Elternteilzeit, die Sarah Fischer gemeinsam mit ihrem Mann nahm, war diese Zeit ohne größere Probleme zu meistern ebenso wie jetzt bei der Geburt des zweiten Kindes.
Antonia Duffek steht im ersten Ausbildungsjahr als Straßenwärterin beim Coburger Entsorgungs- und Baubetrieb (CEB). Nach der Schule folgten zunächst zwei Praktika, in einem Autohaus und im Verkauf. „Aber das war beides nicht das Richtige.“ Die 16-Jährige hat sich schließlich beim CEB beworben. „Das Berufsbild fand ich interessant.“ Darunter fallen Winterdienst, Baustellenabsicherung, Straßenunterhalt sowie die Montage von Verkehrsschildern aller Art. Antonia Duffek bezeichnet sich selbst als „technischen Typus“, Bohrmaschine und Akkuschrauber sind ihr nicht fremd. In der Ausbildung kommen nun noch Kettensäge, Abbruchhammer und Rüttelplatte hinzu.
Der Führerschein für Lkw und damit für Fahrzeuge mit den verschiedensten Maschinenanbauten stehen in den nächsten Jahren an. Von den Kollegen im CEB wird sie wertgeschätzt. „Die sagen zwar nichts, aber gucken schon genau, wie ich was mache. Und wenn ein Sack Mörtel zu schwer ist, dann packt immer einer mit an“.
Aufstiegschancen gibt es selbstverständlich. Eine ehemalige Straßenwärterin, die CEB-Ausbildungsleiter Heino Häfner kennt, arbeitet heute bei der Autobahnmeisterei in München in leitender Position.
Durch die Familie vorbelastet für den Beruf der Elektronikerin ist Alessja Rüdiger. „Der Vater war Rundfunk-und Fernsehtechniker, der Patenonkel Elektroniker.“ Nach einem Schnupperpraktikum bei der SÜC hat sie dort den Beruf der Elektronikerin für Betriebstechnik, so die exakte Bezeichnung, gelernt und setzt jetzt nach drei Jahren im Beruf ihre Karriere mit der Weiterbildung zur Meisterin fort. Hausanschlüsse, die Installation von Baustromanschlüssen und Reparaturen im Niederspannungsnetz sind das Tagesgeschäft der jungen Frau. Ihre Mutter habe sich „daran gewöhnt, dass die Hose nach der Arbeit im Kabelgraben auch schmutzig ist“.
In der Berufsschule war sie die einzige Frau in der Klasse, und „die Jungs waren damals etwas kindisch“, grinst sie. In den ersten Tagen habe es etwas Skepsis bei den Kollegen gegeben, später nicht mehr. Alessja Rüdiger erinnert sich schmunzelnd an eine Begebenheit aus der Anfangszeit: „Hier ist die Bohrmaschine, jetzt mach’ mal.“
Michaela Jörg leitet seit Oktober 2016 das Coburger Klärwerk im Süden der Stadt. Während in den Laboren viele Frauen tätig sind – Michaela Jörg selbst untersuchte von 1988 bis 2016 im Labor des Klärwerks Abwasser und Klärschlamm – gibt es bislang nur wenige Frauen in leitender Position. „In der weiteren Region habe ich gerade drei Kolleginnen.“ Möglicherweise sei dies darin begründet, dass in Klärwerken klassische männliche Handwerksberufe vertreten sind: Schlosser, Elektriker und Installateure.
So wie für Sarah Fischer ist auch für Michaela Jörg ein gutes Miteinander zwischen den Kolleginnen und Kollegen wichtig. Weil sich die 13 Mitarbeiter des Klärwerks schon lange kennen, „ist die Atmosphäre sehr familiär und der Umgang miteinander ehrlich und kooperativ“.